Betrachtung: "Du bist es, Kind Gottes!"




Es war schon über 80 Jahre Krieg in Frankreich!
Dann geschah folgendes im Dörfchen Domremy an der Maas in Lothringen, in dem das 13-jährige Mädchen Jeanne d`Arc lebte (nach der "Grande Histoire Illustrée"):

"..... Jeannes Lieblingswege aber führen zu einem Heiligtume. So schließt sie sich öfters Samstags mit ihrem Schwesterchen dem Bittgang frommer Frauen an zur Kapelle Unserer Lieben Frau von Bermont. Blumen der Au und Kerzen vom Wachse der fleißigen Bienen bringen sie zum Opfer dar unter innigem Flehen zu Gott. Denn schwer ist das Leid des Landes. Jeannette sieht oft ihre Eltern im ernsten Gespräch und hört ihre trüben Worte vom Niedergang französischer Waffen, von Raub und Mord, von der Unsicherheit der nächsten Wege, ach, und von Geistlichen, die ihre Pflichten versäumen und mehr auf die Ehre ihres Amtes und ihr eigenes Vorwärtskommen als auf das arme, verzweifelte Volk sehen, das aller Willkür preisgegeben ist! Sie hört das Seufzen der Mutter: "Mein Gott, rette Frankreich!" und tiefe Trauer zieht ein in das Herz des zwölfjährigen Kindes.

Eines Tages - gerade sind die letzten Töne des Angelus verhallt - hört Jeannette im Garten zweimal ihren Namen rufen: Sie schaut zur Kirche hinüber. Da umgibt sie plötzlich ein Licht, - und aus dem Lichte heraus strahlen ihr Gestalten entgegen, und sie erkennt besonders deutlich eine, die edle, sanfte Züge hat. Die spricht zu ihr mit lieber und doch hoheitsvoller Stimme:
"Jeannette, Jeannette, sei gut und fromm! Liebe Gott, besuche die Kirche!"
Angstvoll fällt sie auf die Knie. Dann aber weicht all das Schreckhafte in ihr einem unaussprechlichen Glücksgefühl. Es ist ihr, als habe Gott sie in diesem Augenblick ausersehen für sein Werk; als solle sie jeder irdischen Neigung entsagen. Und wie sie nun so daliegt in seligem Erstaunen, weiht sie Gott für ewig ihre Jungfräulichkeit. Dann steht sie auf, mutig, gefaßt. Was alles wohl zu bedeuten hat? Sie denkt darüber nach in der kommenden Zeit, aber ihr Eifer in Arbeit und Gebet erlahmt nicht. Nur ihrem Beichtvater, Wilhelm Fronte, vertraut sie das seltene Begebnis an. Der Pfarrer aber gibt ihr den Rat: "Sei gut und fromm, damit der Geist des Bösen niemals über deine Seele Herrschaft gewinne!" -

Die Erscheinungen wiederholen sich, bis eines Tages der Anführer der himmlischen Heerschar sich offenbart:
"Ich bin Michael, der Beschützer Frankreichs!"
Collage aus einer Schwarzwaldszene und Ansichten sowie der Jeannestatue
aus der Kathedrale von Reims - Das Kind macht eine tiefe Verneigung.
"Es ist großer Jammer im Königreich Frankreich", fährt der Erzengel fort, und dann enthüllt er ihr ein trostloses Bild vom tiefen Unglück ihres Vaterlandes. Das Kind vergießt reichlich Tränen... Da kündet ihr der himmlische Geist einen Retter an. Es jubelt ihre Seele auf, und sie dankt ihm für die Gottesbotschaft und fragt nach dem Namen des Kommenden, der Frankreich aus aller Not erlösen soll:   >>>







Da fängt die Kleine an zu zittern und zu schluchzen:
"Ich bin nur ein armes Mädchen",
antwortet sie, "ich kann weder ein Pferd besteigen, noch Krieg führen."
Der Engel aber wiederholt: "Nimm Abschied! Geh nach Frankreich! Du sollst!" Und er verschwand. -

Und wiederum erscheint der himmlische Bote. Da weist sie auf ihre Bauernkleider, streckt ihm fast abwehrend die Arme entgegen, zeigt ihm die Hände, die nur mit Kunkel und Karst umgegangen sind und möchte so gerne noch einmal ihm ihre ganze Ohnmacht ausdrücken:
"Ich bin nur ein armes Mädchen, ich kenne weder a noch b; ich kann weder reiten noch Krieg führen."
Aber sie will gehorchen. -
Der Lohn folgt. Sankt Michael gibt ihr die tröstliche Versicherung:
"Gott sorgt für alles, was dir fehlt. Ich führe dir zwei Heilige zu. Es sind dies die Jungfrauen Katharina und Margareta. Gott hat sie beauftragt, dich zu leiten; du brauchst nur ihrem Rat zu folgen."
Und schon sieht Jeannette in himmlischer Klarheit zwei wunderliebliche Gestalten. Goldkronen tragen sie. Die Heiligen heißen die Kleine näherkommen, liebreich umarmen sie das Mädchen. Dies aber betrachtet sie entzückt, gibt ihnen die Hand und küßt sie in tiefer Ehrfurcht.

Von nun an suchen die beiden Heiligen sie mehrmals in der Woche auf und belehren sie über ihre Aufgabe. Jeannette aber nennt sie voll demütiger Dankbarkeit "ihren Rat" oder "ihre Stimmen" und dankt Gott für die außergewöhnliche Gnade.

Frankreichs Lage wird immer düsterer und auch die "Lothringischen Marken" werden vom ehernen Schritt des Krieges nicht verschont. Die Bewohner von Domremy, darunter die Familie Jakob d'Arc, flüchten nach Neufchâteau. Vier Tage des Jahres 1425 verharren sie dort. Dann kehren sie heim. Wohl denen, die Habe und Herde mit sich geführt; denn der anderen Häuser und Ställe waren leer. Die Kirche ist zum Teil zerstört. Was aber ist's, das dem treusorgenden Vater von Jeannette die Ruhe raubt?
Immer und immer wieder hat er denselben Traum. Er sieht eine Frauengestalt - inmitten von Soldaten reitet sie -, sie gibt ihnen Befehle. Dann erkennt er auf einmal in ihr seine Tochter. Sollte seiner geliebten Jeannette in diesen Kriegszeiten etwas Schlimmes zustoßen? Lieber sähe er sie tot zu seinen Füßen. Noch weiß der Vater nichts von den himmlischen Erscheinungen. Noch weiß er nicht, daß der Erzengel im Auftrage des Allerhöchsten von seiner Tochter Jeannette gefordert, hinzugehen nach Vaucouleurs, den Hauptmann daselbst zu bitten, ihr Begleitschaft zu geben, um zum Dauphin hinzueilen.

Arme Jeannette! Dein Stand ist schwer, aber die Vorsehung wacht. Am 1. Mai 1428 klopft ein Verwandter, Durand Laxart, an die Pforte des väterlichen Hauses und bittet um Besuch des jungen Mädchens. Die Eltern bewilligen es gerne. So wandern die beiden nach Burley-le-Petit. Vom Geiste Gottes getrieben, offenbart Jeannette die Geheimnisse der letzten Jahre und bittet ihn, sie nach Vaucouleurs zu führen. Durand versucht sogleich, den Hauptmann zu sprechen. Robert de Baudricourt hört sich alles an und meint, man solle sie ins Vaterhaus zurückführen und ihr einige Ohrfeigen geben. Jeannette ist nicht entmutigt ob dieser Antwort. Ihre himmlischen Berater haben es ihr vorausgesagt. Aber sie verzagt nicht. Bald erhält sie selbst Zutritt zum Hauptmann. Sie erkennt ihn unter allen heraus, sagt ihre Botschaft vom Herrn.

"Wer ist dein Herr?" fragt Robert de Baudricourt.


"Es ist der König des Himmels",


gibt sie, die Gottgesandte, zur Antwort.


..... "



Statue in der Kathedrale von Reims







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